Die Nutzung des Bombodrom Kyritz-Wittstock-Ruppin

1. Das Gebiet
2. Die militärische Seite
3. Die juristische Seite
3.1 Nutzung durch die deutsche Luftwaffe
3.1.1 Die Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten
3.1.2 Schäden
3.2 Nutzung durch die "verbündeten Streitkräfte"
4. Die politische Seite
5. Untersuchungsaufträge für Parlamentarier

Anhang 1: Betriebskonzept des Bombodroms



1. Das Gebiet

Der Truppenübungs- und Bombenabwurfplatz in der Kyritz-Wittstock-Ruppiner Heide liegt ca. 90 km nördlich von Berlin. (Die Bundeswehr bezeichnet diesen Platz als "Luft/Boden-Schießplatz auf dem Truppenübungsplatz WITTSTOCK". Der Einfachheit halber nenne ihn nachfolgend "Bombodrom".)
Das Bombodrom wurde nach dem 2. Weltkrieg von den sowjetischen Streitkräften in einem Gebiet angelegt, das wegen seiner landschaftlichen Schönheit weit über die Grenzen der Region hinaus bekannt war und insbe-sondere von Berlinern als Naherholungsgebiet genutzt wurde. Nach 1949 haben die sowjetischen Streitkräfte den militärischen Übungsplatz sukzessive ausgebaut bis er in den 80iger Jahre über 120 km2 umfasste. Es fan-den hier insbesondere Truppenübungen statt sowie Bombenabwürfe durch tief fliegende Militärmaschinen. Das „Stalin-Bombodrom“ war bei den Menschen der Region verhasst und die politischen Verhältnisse ließen kei-nerlei Widerstand zu.

Nach der Wiedervereinigung 1990 fiel das Gelände aufgrund des Einigungsvertrages an die Bundesrepublik Deutschland und wurde vom Bundesvermögensamt verwaltet. Die deutsche Bundeswehr hatte frühzeitig er-klärt, dass sie an der Fortsetzung einer militärischen Nutzung nicht interessiert ist; das Gelände war also nach Abzug der sowjetischen Truppen im Jahre 1993 aufgrund des Zwei-plus-Vier-Vertrages den ursprünglichen öf-fentlichen Eigentümern (insbesondere den Gemeinden) zurückzugeben.

Ende 1993 erklärte die Bundeswehr jedoch überraschend, dass sie das Gelände nunmehr doch militärisch nut-zen wolle, und zwar als Truppenübungsplatz, als Schießplatz sowie insbesondere als Übungsplatz für Bomben-abwürfe von tief fliegenden Militärmaschinen. Wenn man die seither zunehmende Empörung, der Menschen vor Ort verstehen will, muss man wissen, dass die Bundeswehr diesen Wortbruch dadurch vollzog, dass sie einige Tage vor Weihnachten 1993 das inzwischen von den Gemeinden praktisch wieder übernommene, benutzte und geplante Gelände einfach absperrte. Dafür errichtete sie an den Straßen und Wegen Schranken und stellte in großer Zahl Schilder auf, die der Bevölkerung das Betreten des Geländes unter Androhung von Waffen-gebrauch untersagte. Die Absperrungen gingen teilweise weit über die Grenzen des seinerzeitigen „Stalin-Bombodroms“ hinaus. Heute beansprucht die Bundeswehr 142 km2. Das Gelände war aber noch nie einge-zäunt und ist bis heute für Fußgänger und Radfahrer von allen Seiten her zu betreten. Die Straße von Flecken Zechlin bis Schweinrich, die im nördlichen Teil quer über das Gelände führt, ist (auch für Autofahrer) öffentlich benutzbar. Sie ist als "Privatstraße des Bundes" ausgeschildert.
Von der Bundeswehr wird immer wieder behauptet, das Betreten des Geländes sei durch alte Munition lebens-gefährlich. Tatsächlich wird auch ständig Munitions-Schrott geborgen. Es kam aber noch nie zu einem Unfall.

2. Die militärische Seite

„Mögliches Einsatzgebiet der Bundeswehr ist die ganze Welt.“ (FAZ 14.1.04) sagte der deutsche Verteidi-gungsminister Struck am 13. 1. 2004.

Wie übt die Bundeswehr für den weltweiten Einsatz?

Die Unterscheidung in „Einsatzkräfte“ und „Hauptverteidigungskräfte“ wird von einer neuen Dreiteilung abgelöst. In sogenannte „Eingreif“-, „Stabilisierungs“- und „Unterstützungskräfte“. Die Speerspitze bilden 35.000 Mann sogenannter „Eingreifkräfte“. Das sind High-Tech-Soldaten aller drei Teilstreitkräfte. Mit anderen Worten: das sind die Angriffskrieger. Die 35.000 Mann ergeben sich aus:
- 15.000 für die Schnelle Eingreiftruppe der NATO, NRF (darin sind Soldaten für Vor- und Nachbereitung sowie Bereitschaft enthalten)
- 18.000 für die Schnelle Eingreiftruppe der EU
- je 1.000 für Standby-Arrangements der UNO und für nationale Evakuierungsmaßnahmen.
Die zweite Kategorie: 70.000 Mann so genannter „Stabilisierungskräfte“, die für längerfristige Einsätze vorgese-hen sind, also KFOR, SFOR, ISAF etc.. Damit wird der „Einsatz von bis zu 14.000 Soldaten, aufgeteilt auf bis zu fünf verschiedene parallel laufende Operationen möglich“ (Pressekonferenz Struck 13.1.04, www.Bundeswehr.de). Die „Stabilisierungskräfte“ sind eskalationsfähig und zwischen ihnen und den „’Eingreif-kräften’ besteht ein operatives Wechselspiel“ verkündete Struck.

Die dritte Kategorie, die so genannten „Unterstützungskräfte“ umfassen 215.000 Soldaten und ziviles Personal (im Verhältnis 135.000 militärische und 75.000 zivile). Die gesamte Umstellung soll 2006 beginnen und 2010 abgeschlossen sein. Die Anzahl der Soldaten soll bis dahin auf 250.000, evtl. 240.000, abgesenkt sein, Schar-ping hatte noch 282.000 angeordnet. Das Zivilpersonal soll von jetzt 120.000 bis 2010 auf 75.000 abgebaut werden. Durch Zusammenlegungen und Schließungen vor allem kleiner Standorte soll ihre Zahl von derzeit 621 auf gut 400 gesenkt werden.

Die Schnellen Eingreiftruppen von NATO und EU

Erstens: NATO
Initiiert von den USA sollen aus 26 NATO-Mitgliedstaaten vorerst insgesamt 21.000 Soldaten zu einer Schnel-len Eingreiftruppe, der NATO Response Force, kurz NRF, gebildet werden. Zur Zeit stehen 9.000 Mann zur Ver-fügung, deren Einsatzsorte außerhalb des NATO-Gebiets liegen werden. Deutschland beteiligt sich seit Oktober 2003 mit 1.100 Soldaten bzw. mit 6 Tornado-Kampfflugzeugen, 2 Fregatten und 2 Minenjagdbooten. Ab 2005 soll mit 5.000 Heeressoldaten der deutsche Anteil auf 6.000 aufgestockt werden. Zwar sind die Kontingente, die die anderen Staaten beisteuern wollen, nicht bekannt, aber aus dem Verhältnis 6.000 zu 21.000 ist schon er-sichtlich, dass sich die Bundesregierung massiv an der schnellen Eingreiftruppe der NATO beteiligen will.

Zweitens: EU
Ende 2003 sollte die Schnellen Eingreiftruppe der EU mit 60.000 Heeressoldaten einsetzbar sein. Das ist aller-dings nicht gelungen, weil es den Mitgliedsstaaten an Ausrüstung dafür mangelt. Dafür fehlen noch: See- und Lufttransport, Präzisionsbomben, ein integriertes Kommando-, Kontroll-, Kommunikations- und Aufklärungssys-tem. Außerdem mangelt es an der Fähigkeit die gegnerische Luftabwehr zu unterdrücken. Man weiß sich zu helfen: Beim See- und Lufttransport weicht man Übergangs halber auf Charter von Frachtschiffen und Leasing von Transportflugzeugen aus. Deutschland hat die Führung übernommen, bis 2004 ein europäisches Lufttrans-portkommando aufzubauen.

Die Einsatzfähigkeit der EU-Truppe gilt allerdings derzeit höchstens für ein oder zwei Brigaden – also etwa 7.000 Soldaten. Zusammen mit den Soldaten der Luftwaffe und der Marine soll die Truppe eines Tages 80.000 Mann umfassen, wahrscheinlich um 2010/2012 herum. Sie soll binnen 60 Tagen voll verlegefähig sein und ü-berall auf der Welt ein Jahr durchhalten können. Die rot-grüne Regierung hat dafür 18.000 Soldaten angeboten (gefolgt von Großbritannien mit 12.500 und Italien und Frankreich mit je 12.000). Die 80.000 Soldaten werden aus einem Pool von 100.000 Soldaten zusammengestellt. Für diesen Pool bietet Deutschland sogar 33.000 Soldaten an. Das ist jeweils das größte nationale Kontingent aller EU-Staaten.

Die vorgesehene Bewaffnung der Schnellen Eingreiftruppe der EU ist: 100 Schiffe, davon 4 Flugzeugträger, 7 U-Boote, 17 Fregatten und 2 Korvetten und 400 Flugzeuge, darunter 336 Kampfflugzeuge.

Zudem haben Frankreich und Großbritannien ein Beschleunigungsprojekt innerhalb dieses Projekts initiiert. Die EU-Eingreiftruppe „soll durch eine superschnelle Einsatzgruppe ergänzt werden mit 1500 Soldaten, von denen ein Teil schon innerhalb von 48 Stunden einsatzbereit wäre.“ So die Verteidigungsministerin Frankreichs Alliot-Marie (FAZ 6.2.04). Diesem französisch-britischen Projekt, das beim Blair/Chirac-Gipfel am 24.11.03 geboren wurde, hatte sich Deutschland „schon kurze Zeit später angeschlossen“ (FAZ 12.2.04). Ein 8 Seiten starkes tri-laterales Papier vom 10.2.04 konkretisiert das Vorhaben: Nun soll es nicht nur eine superschnelle 1.500-Mann-Kampfeinheit (Battle Group) sein, sondern 13.

Staatssekretär Peter Eickenboom vom BMVg meldete kürzlich weitere deutsche Beteiligungen an den EU-Battle Groups an. Somit wird sich Deutschland an sechs der 13 Battle Groups. Hier sind sie (in Klammern: ab wann sie einsatzbereit sein sollen):

DEU + FRA (1. Hj. 2006)
DEU + NED + FIN (1. Hj. 2007)
DEU + SPA + FRA (1. Hj. 2008) (Spanien hat die Führung)
DEU + Pol + SLK + LET + LIT (1. Hj. 2010)(Polen hat die Führung)
DEU + FRA + BEL + LUX + SPA
DEU + AUT + TCH

Kein anderes EU-Land beteiligt sich an der derart vielen BG. Deutschland übernimmt in dreien die Führung. Welche das sind, ist mir bisher nicht klar.

Dies alles unter dem Dach der Schnellen EU-Eingreiftruppe im Rahmen der im nicht verabschiedeten EU-Verfassungsentwurf vorgesehen militärischen „strukturierten Zusammenarbeit“. Innerhalb von maximal 15 Ta-gen soll die Truppe am Einsatzort eintreffen können, um dort auf sich allein gestellt bis zu 4 Monate durchhalten zu können. Als Einsatzgebiet nennt das o.a. Papier „vor allem Afrika“. So sind denn auch „Spezialfähigkeiten wie der Kampf im Dschungel oder im Gebirge besonders gefragt.“ (FAZ 12.2.04) „Angestrebt wurde nach Mög-lichkeit ein Einsatz nicht ohne UN-Mandat, doch scheint dies nicht zur absoluten Vorbedingung erhoben worden zu sein“, berichtet die Neue Zürcher Zeitung (NZZ 12.2.04) „Rasche Verlegbarkeit und schnelle Verfügbarkeit sollen die Hauptmerkmale dieser für Handstreiche geeigneten Kampftruppen darstellen“, weiß das konservative Schweizer Blatt weiter. Die Truppe ist ausschließlich für „autonome“ Einsätze der EU konzipiert, d.h. ohne Rückgriffe auf Fähigkeiten der NATO. Sie stellt nach meiner Einschätzung eine Konkurrenztruppe zur NRF dar: „Die Kontingente der EU-Handstreichtruppe dürften [...] größtenteils identisch mit den der Nato-Einsatztruppe zugeteilten Truppen sein“, analysiert die NZZ. Das würde bedeuten: Wenn die Soldaten für die „autonome“ EU im Einsatz sind, stehen sie für die NRF nicht zur Verfügung und umgekehrt. Wie auch immer: mit ihnen können Präventivkriege geführt werden.

Mit dem „Entsendegesetz“ zum Präventivkrieg?

Da die schnellen Eingreiftruppen von NATO und EU binnen Stunden oder weniger Tage in den Einsatz ge-schickt werden sollen, würde sich in den Augen der Bundesregierung der Diskussions- und Zustimmungspro-zess im Bundestag zu lange hinziehen. Deshalb wurde am 18. 3. 2005 ein neues so genanntes "Parlamentsbe-teiligungsgesetz" erlassen. (verkündet in BGBl I 2005 Nr. 17 vom 23.3.2005). Mit diesem Gesetz wird genau das Gegenteil von dem gemacht, was man bei dem Namen vermuten würde. Bisher musste das deutsche Par-lament jedem Einsatz der Bundeswehr vorher zustimmen. Dieser "Parlamentsvorbehalt" wurde nun beschnitten. Im § 5 wird unter der Überschrift "Nachträgliche Zustimmung“ im Falle von "Gefahr im Verzug" festgelegt, dass das Parlament nachträglich – also erst nach Schaffung vollendeter Tatsachen – entscheiden darf. Das öffnet der Präventivkriegspolitik in EU und NATO Tür und Tor und erschwert natürlich die Rückholmöglichkeit erheb-lich.

Wie werden diese Pläne in Bezug auf das Bombodrom Kyritz-Wittstock-Ruppin umgesetzt?

Darüber geben Zitate von Bundewehroffizieren und das "Betriebskonzept für den Luft/Boden-Schießplatz auf dem Truppenübungsplatz WITTSTOCK" vom 20. 1. 2003 (siehe Anlage 1) Auskunft. Das darin erwähnte "Nachttiefflugsystem" befindet sich in der Anlage 3.

Die Notwendigkeit zur Wiederinbetriebnahme des Bombodroms begründete Oberst Schmidt in einem Gespräch mit der Berliner Zeitung "DER TAGESSPIEGEL" vom 30. 7. 2003 mit den neuen verteidigungspolitischen Richt-linien für die Bundeswehr unter dem Dach von NATO und EU. Da die Luftwaffe künftig mit sehr kurzer Vorwarn-zeit zu Kriseneinsätzen herangezogen werden könne, reiche das jährliche Training taktischer Szenarien in den USA nicht aus.

Künftig müssten die Verbände in der Lage sein, realistische Übungen auch im Tagesbetrieb von ihren Heimat-basen aus zu fliegen. Dies sei in Deutschland nur bei Wittstock möglich. Die beiden bisher genutzten Luft-Boden-Schießplätze seien zu klein. So hat das Gelände in Nordhorn an der holländischen Grenze nur ein Sechstel der Fläche, die unter US-Hoheit stehende Anlage im bayerischen Siegenburg bringe es nur auf ein 44stel des Bombodroms.

Außerdem sei es nur in Wittstock möglich, die erforderlichen Platzrunden innerhalb des Sperrgebietes zu flie-gen, erklärte der Oberst. Doch auch die beiden anderen Luft-Boden-Schießplätze sollen zumindest für Stan-dardübungen weiter genutzt werden.

Doch auch dieses größere Bombodrom ist nach meiner Meinung zu klein und bringt der betroffenen Bevölke-rung unzumutbare Lebensbedingungen. Wenn man bedenkt, dass das Bombodrom in der größten Ausdehnung 19 km lang ist, dann wird es von einem Tornado im Tiefflug knapp unter der Schallgeschwindigkeit in 68 Se-kunden überflogen. Der Tornado und der Eurofighter können noch viel schneller fliegen, nämlich in ca. 30 Se-kunden, aber wohl eher in großer Höhe. Das würde aber nur die Standard-Einsatzübungen betreffen, bei denen das Bombodrom in der größten Ausdehnung von Nord nach Süd überflogen wird. Bei den taktischen Einsatz-übungen wird das Bombodrom von allen Seiten aus angeflogen, d. h . auch an den schmalen Stellen, die etwa nur 5 km breit sind. Dafür bräuchte ein Tornado im Tiefflug ca. 18 Sekunden. bei höherer
Geschwindigkeit in der Höhe 9 Sekunden. Die bei den Standard-Einsatzübungen vorgesehenen ovalen Platz-runden sind ca. 8 km lang und 5 km breit. Der nächstgelegene Ort ist nur 1 km entfernt. Schon bei der kleinsten Abweichung fliegen die Kampfflugzeuge also mit Höllenlärm über die Orte. Schon der einmalige Überflug eines Kampfflugzeuges würde 115 dBA verursachen und bei einem Menschen bleibende Schäden verursachen. Das haben auch die Verwaltungsgerichte so gesehen und den militärischen Übungsbetrieb untersagt (siehe 3.).

Außerdem ist das Betriebskonzept an den Bedürfnissen der Ausbildung der deutschen Luftwaffe ausgerichtet. Was ist aber mit den "verbündeten Streitkräften"? Würden sie sich an ein Ausbildungskonzept der Bundeswehr halten? Würden sie die Einschränkungen im Flugbetrieb hinnehmen? Wie könnte die Bundeswehr oder die deutsche Regierung das sicherstellen? Die Gefahr, dass sich die "verbündeten Streitkräfte" nicht an die Ein-schränkungen halten werden und dann dafür auch nicht zur Rechenschaft gezogen werden ist groß (Siehe da-zu 3.)

Welche Flugzeuge mit welchem Zweck sollen eingesetzt werden?
Dazu sagt das Betriebskonzept (S. 3):
a) Jagdbomber Tornado der Bundeswehr
b) Eurofighter der Bundeswehr und der verbündeten Streitkräfte,
außerdem nur durch die verbündeten Streitkräfte:
c) A-10
d) Mirage
e) F-16

zu a) optimiert für Tiefflüge bis hinunter auf 30m:
Der Tornado ist für den schnellen Tiefflug ausgelegt, um die radargelenkte Flugabwehr des Gegners unterflie-gen und im feindlichen Hinterland Flächenwaffen oder taktische Nuklearwaffen einsetzen zu können. Für den Kampf gegen bewegliche Einzelziele auf dem Gefechtsfeld, also z.B. Panzer, ist der Tornado jedoch kaum ge-eignet. Dieser Maschinentyp wird aber demnächst ausgemustert.
Bewaffnung:
- Bordkanonen
- Bomben-Abwurf-Behälter
- Lasergesteurte Bombe GBU 24 (auch mit Bodenunterstützung)
- GPS-gesteuerte Bombe GBU 32
- Luft-Luft-Raketen (AMRAAM, Sidewinder, IRIS-T)
- ECR-Tornado: Harm-Raketen gegen Luftabwehr
- Marschflugkörper „Taurus“, das ist eine Angriffswaffe!

zu b) Optimiert in der Luft-Boden-Rolle für mittlere bis große Höhen:
Der in der Zeit des Kalten Krieges als reiner Luftüberlegenheitsjäger konzipierte Eurofighter soll künftig eine Mehrrollenfähigkeit erhalten, also auch gegen Bodenziele einsetzbar sein, aber aus mittlerer bis großer Höhe. nnen. Das Üben erfolgt heute schon aus Kostengründen im Simulator.
Bewaffnung:
- Lasergesteuerte Bombe GBU 24 (auch mit Bodenunterstützung)
- GPS-gesteuerte Bombe GBU 32
- Luft-Luft-Raketen (AMRAAM, Sidewinder, IRIS-T)
- Marschflugkörper „Taurus“, das ist eine Angriffswaffe!

zu c) Die A-10 ist ein langsam fliegendes Flugzeug zur Bekämpfung von Bodenzielen. Sie ist das einzige Flug-zeug, was Munition mit abgereichertem Uran abschießt und damit Strahlenschäden bei der Bevölkerung der angegriffenen Kriegsgebiete und den eigenen Soldaten ausgelöst hat.

Welche Einrichtungen gibt es am Boden?
(siehe S. 7 des Betriebskonzeptes)
- Zielmarkierungen
- Überwachungs- und Kotrollstelle für Standard- und taktische Einsatzübungen
- Ausbildungsanlagen für Bodentruppen für:
a) Flugabwehrraketen
b) Elektronische Kampfführung
c) Objektschutz
d) Radarführung
e) Einsatzführung
- Schießanlage für Gewehre, Maschinengewehre, Maschinenpistole und Pistole
- Übungsplatz für Manövermunition
zusätzlich konnte ich selbst feststellen:
- Kommandantur
- Feuerwehr

Deutsche Luftwaffe Übungsmöglichkeiten:
- Siegenburg (4 km2): Standardverfahren (Definition, siehe Anlage 1, S. 3)
- Nordhorn (22 km2): alle „Standarverfahren“, Tiefflug-Simulator: Standardverfahren, Notfallverfahren
- Kyritz-Wittstock-Ruppiner Heide (142 km2): zusätzlich Tiefflug, Reaktion auf Flugabwehr, Laser- und GPS (Ga-lileo)-gestützte Bomben
- Sardinien: zusätzlich Luftkampf, Kurzstrecken-Raketen?
- USA, Nellis Air Base: Luft-Boden-Raketen, Bekämpfung taktischer ballistischer Raketen, alle Abstandswaffen, Marschflugkörper, "internationale Hochwertübungen". Know-how-Transfer aus den USA.
- Kanada, Cold Lake: komplexe Luftkriegsszenarien

Fazit
Mit Hilfe des Bombodroms Kyritz-Wittstock-Ruppin könnte nur ein geringer Teil der deutschen Luftwaffenausbil-dung geübt werden, aber nicht die "Hochwert-Übungen". In ihrem Gruppenantrag (siehe Anlage 2) weisen die Parlamentarier nach, dass die Zahl der nötigen Übungen ständig nach unten geht und die bisherigen Übungs-möglichkeiten (auch mit Simulator) ohne das Bombodrom Kyritz-Wittstock-Ruppin ausreichen.

Sehr problematisch sind die zusätzlichen Übungsmöglichkeiten der USA mit dem A-10. Die USA dieses Flug-zeug beim Jugoslawien-Krieg, Afghanistan-Krieg und im Irak-Krieg ein. Die langsame Geschwindigkeit und schwere Panzerung dieses Kampfflugzeugs erlaubt eine wirkungsvolle Bekämpfung von gepanzerten Boden-zielen mit der großkalibrigen Bordkanone, die mit ihren Geschossen aus abgereichertem Uran (DU) über eine große Durchschlagskraft verfügt. Über derartige Flugzeuge verfügt die deutsche Luftwaffe nicht, aber die "ver-bündeten Streitkräfte" sollen damit auf dem Bombodrom üben. Es ist aber unmöglich mit Übungsmunition die Durchschlagskraft zu testen. Beim Einsatz von scharfer DU-Munition würde das Einsatzgebiet verstrahlt und es gäbe eine erhöhte Krebsrate.

Angelika Beer, Vorsitzende des bündnisgrünen Regierungspartners, bezeichnete unlängst die Inbetriebnahme des Bombenabwurfplatzes in der Ruppiner Heide als „unsinnig und unverantwortlich“. Für Peter Struck ist sie dagegen „unverzichtbar“ für die Einsatzbereitschaft der Luftwaffe, die seiner Befehls- und Kommandogewalt un-tersteht.

3. Die juristische Seite

3.1 Nutzung durch die deutsche Luftwaffe
3.1.1 Die Gerichtsverfahren vor den Verwaltungsgerichten
In Deutschland kann man gegen Handlungen des Staates vor Verwaltungsgerichten klagen.
Die Bürgermeister aller betroffenen Gemeinden, deren Gemeindegebiet von dem Bombenabwurfplatz bean-sprucht wurde, schlossen sich zusammen und wurden vom Landrat des Landkreises Ostprignitz-Ruppin, von weiteren umliegenden Städten wie etwa Rheinsberg sowie insbesondere von der neu gegründeten Bürgerinitia-tive „FREIe HEIDe“ unterstützt. Sie beauftragten die Rechtsanwälte Dr. Reiner Geulen und Dr. Remo Klinger, die am 27.1.1994 Klage erhoben. Die Klage war in allen drei Instanzen erfolgreich.

Das Oberverwaltungsgericht entschied, dass das Gelände dem Bund gehört, aber dass der Bundeswehr die Nutzung des Geländes „als Truppenübungsplatz oder Luft-Bodenschießplatz, einschließlich einer dieser Nut-zung dienenden Durchführung von Tiefflügen“ untersagt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Ur-teile vom 14. Dezember 2000 die hiergegen gerichtete Revision der Bundesrepublik zurückgewiesen (OVG 3 A 60.97 sowie BVerwG 4 C 13.99).

Die Gründe waren: mangelnde Anhörung der Gemeinden und fehlende Erklärung über die konkrete Nutzung. Die Bundeswehr holte das Anhörungsverfahren nach, das aber nicht dem rechtsstaatlichen Mindeststandard entspach. Insbesondere wurde gar nicht deutlich gemacht, wie die geplante Nutzung konkret aussehen soll und wie infolgedessen die Belastung der Gemeinden und ihrer Bürger ist.

Die Bundeswehr dachte durch nachträgliche Anhörungen, das Bombodrom doch noch militärisch nutzen zu können.

Während des Anhörungsverfahrens wurde deutlich, dass die Bundeswehr gegenüber der sowjetischen Nutzung ein vollständig geändertes Nutzungskonzept für die Tiefflüge plante. Zwar liegen die Bombenabwurfziele – wie zu sowjetischen Zeiten – im südöstlichen Bereich des Bombodroms; während jedoch die sowjetischen Kampfmaschinen diese Bombenabwurfziele in Ost-West-Richtung anflogen und damit den nördlichen Bereich des Bombodroms und seine Umgebung überhaupt nicht überflogen, plant die Bundeswehr einen An- und Abflug vom nördlichen Ende des Bombodroms und mithin einen Überflug der Gemeinden im gesamten nördlichen Um-kreis. Diese Gemeinden waren zu sowjetischen Zeiten durch Tiefflüge nicht belastet.

Trotz dieser grundlegenden Änderung der Flugkonzeption hat die Bundeswehr besonders betroffene Gemein-den, die unmittelbar an die nördliche Grenze des Bombodroms angrenzen, entgegen den zwingenden Vorga-ben des Bundesverwaltungsgerichts überhaupt nicht angehört; es handelt sich insbesondere um die Gemein-den Lärz und Rechlin. Die Gemeinde Lärz grenzt etwa 1,5 km an das Bombodrom an und ist nicht durch be-sondere Überflughöhen geschützt, so dass die Überflüge in diesem Bereich bis zu einer Höhe von 150 m statt-finden können. Diese Gemeinden waren trotz mehrfacher Bitten und Aufforderungen von der Anhörung mit sachlich abwegigen Argument ausgeschlossen worden, ihre Lärmbelastungen seien unerheblich, weil sie jen-seits der Landesgrenze zu Mecklenburg-Vorpommern liegen.

Die betroffenen Gemeinden haben dann beschlossen, gegen eine eventuelle positive Entscheidung der Bun-deswehr zur Weiternutzung des Platzes gerichtlich vorzugehen; die Gemeinden werden hierbei praktisch von der gesamten Region – darunter auch mehreren hundert Unternehmen, die nach 1990 in der Region Kliniken, touristische Einrichtungen etc. aufgebaut hatten, unterstützt.

Die Bundeswehr hat sich über die Betroffenen hinweggesetzt, ohne ihre Argumente auch nur im Einzelnen zu prüfen und zu würdigen. Sie hat am 09. Juli 2003 einen erneuten Nutzungsbescheid erlassen, gegen den wie-derum umgehend Klage erhoben wurde. Die Klagen haben aufschiebende Wirkung, da die Bundeswehr es ver-säumt hatte, in ihrem Zulassungsbescheid vom 09. Juli 2003 die sofortige Vollziehung anzuordnen. Diese An-ordnung geschah dann mit einiger Verspätung und der Ankündigung, zehn Tage nach der Vollziehungsanord-nung mit den Tiefflügen und Bombenabwürfen zu beginnen. Hiergegen sind die Anwälte für die Betroffenen durch Anträge auf Erlass einer einstweiligen Anordnung vor dem Verwaltungsgericht Potsdam am 11. August 2003 vorgegangen.

Es wurden insgesamt 14 Klagen und Anordnungsanträge erhoben:

a) Kläger sind diejenigen Gemeinden, die bereits in den letzten 10 Jahren erfolgreich vor der Verwaltungsge-richtsbarkeit die Nutzung des Bombenabwurfplatzes verhindert haben.

b) Eine zweite Gruppe von Klägern besteht aus besonders betroffenen touristischen Unternehmen im Bereich der Tiefflugschneise des Bombenabwurfplatzes. Diese Unternehmen haben sich dort in besonders ruhigen und schutzwürdigen Erholungsgebieten angesiedelt und sind hierzu auch in den 90iger Jahren gefördert worden. Tieffluglärm würde den weiteren Betrieb dieser Unternehmen gefährden oder sogar unmöglich machen.

c) Kläger sind darüber hinaus die anerkannten Naturschutzverbände BUND und NABU in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Diese Klagen sind deshalb besonders erfolgversprechend, weil in den letzten drei Jahren aufgrund der zwingenden Vorgaben des Rechts der Europäischen Gemeinschaften „Habitate“ (also durch Recht der Europäischen Gemeinschaften geschützte Naturschutzgebiete) im Auswirkungsbereich des Bombenabwurfplatzes festgesetzt worden sind. Über 80% des gesamten Bombenabwurfplatzes sind als ge-meinschaftsrechtliches Habitat wegen der sonderschutzwürdigen Vegetation festgesetzt. Darüber hinaus sind von den Truppenübungen und insbesondere den Tiefflügen insgesamt über 10 kleinere und größere Habitate betroffen, die insbesondere dem Schutz der dort befindlichen vom Aussterben bedrohten Vögel dienen. In be-sonderem Maße gilt dies für den Müritz-Nationalpark, der in seinem südlichen Teil nach europäischem Recht ein besonders qualifiziertes Vogelschutzgebiet darstellt. Die anerkannten Naturschutzverbände machen ihre Rechte insbesondere in der seit dem Jahre 2002 durch das Bundesnaturschutzgesetz eingeräumten Verbands-klage geltend, die gerade zum Schutz der europarechtlichen Habitate durch gerichtliche Überprüfungen ge-schaffen wurde.

Das Verwaltungsgericht Potsdam hat den Anträgen auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen die Bun-deswehr durch vier Beschlüsse vom September und Dezember 2003 stattgegeben. Dagegen legte die Bun-deswehr beim Oberverwaltungsgericht Brandenburg (Frankfurt/Oder) Beschwerde ein. Die betroffenen Ge-meinden überreichten dem Gericht ein weiteres ausführliches Gutachten des renomierten Wissenschaftlers für Lärmmedizin, Prof. Dr. Spreng. Aus dem Gutachten Prof. Spreng ergibt sich, dass wegen der zu erwartenden Lärmbelastungen insbesondere im nördlichen Bereich des Bombodroms Schallpegel von bis zu 115 dB(A) er-reicht werden, die zu einer unmittelbaren Gesundheitsgefährdung bereits bei einem einzelnen Überflug führen können. Im Ergebnis bedeutet dies, dass nicht nur der nunmehr vorgesehene Flugbetrieb, sondern jede weitere Nutzung des Bombodroms und der damit zusammenhängenden Tiefflüge absolut unzulässig sind.

Durch Beschluss vom 9. August 2004 hat das Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg (Frank-furt/Oder) in den Beschwerdeverfahren seinen ersten rechtskräftigen Beschluss verkündet. Das Oberverwal-tungsgericht ist hat die Beschwerde des Verteidigungsministeriums in dem Verfahren der Stadt Wittstock zu-rückgewiesen. Wenige Tage später erging ein ähnlicher Beschluss in dem Verfahren der Stadt Rheinsberg. Am 29. Dezember 2004 hat es sodann die Beschwerde des Verteidigungsministeriums in dem Verfahren der Ge-meinde Lärz zurückgewiesen. In der 29-seitigen Beschwerdebegründung verweist das OVG insbesondere dar-auf, dass die Lärmberechnung der Bundeswehr nicht den rechtlichen Anforderungen entsprach.

Im Ergebnis bedeutet der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts, dass die geplante Inbetriebnahme des Bombodroms nunmehr endgültig vereitelt wurde. Ein Rechtsmittel gegen den Beschluss ist für das Verteidi-gungsministerium nicht gegeben. Das Ministerium könnte nun höchstens den Ausgang des Hauptverfahrens bis zur Rechtskraft vor dem Bundesverwaltungsgericht abwarten. Dieses Verfahren würde jedoch voraussichtlich 5 bis 6 Jahre dauern.

Die unerträglichen Lärmbelastungen der Tiefflüge, die vorhersehbare Ruinierung der nach der Wende erfolgrei-che aufgebauten touristischen Einrichtungen, die absehbare Schädigung der nach europäischem Recht ge-schützten Habitate und Vogelschutzgebiete und insbesondere der autokratische und unzumutbare Umgang des Militärs mit den Menschen dieser Region zeigen, dass ein Kompromiss zwischen den Plänen der Bundeswehr und den legitimen Rechten der Betroffenen ausgeschlossen ist.

3.1.2 Schäden
Im Betriebskonzept gibt es lediglich eine Fluglärmkomission (S. 7) mit Vertretern der jeweiligen Bundesländer, die mit dem "militärischen Betreiber des Truppenübungsplatzes... "pragmatische Lösungsmöglichkeiten bei auf-tretenden Lärmbelastungsproblemen" finden sollen. Der "militärische Betreiber" kann ja hier nur die Bundes-wehr sein. Verstöße gegen das Betriebskonzept könnten sein:
- Überfliegen von nicht dafür vorgesehenen Gebieten
- Überfliegen in zu geringer Höhe
- Einsatz von scharfer Munition anstelle der Übungsmunition,
- Vergiftungen und Verseuchungen,
- Unfälle,
- Waldbrände, etc.
Schadensersatzan¬sprüche der Bürger gegenüber dem Staat - z.B. bei Manöverschäden - sind durch das Bun-desleistungsgesetz geregelt.

3.2 Nutzung durch die "verbündeten Streitkräfte"
In Deutschland gibt es 74 US-Militärstützpunkte. Sie sind de facto exterritoriale Gebiete.
Dazu schreibt der US-Experte Chalmers Johnson:
"Amerikas 703 offiziell anerkannte militärische Enklaven im Ausland sind, obwohl sie sich strukturell, legal und konzeptionell von Kolonien unterscheiden, doch wie Mikrokolonien, da sie jeglicher Gerichtsbarkeit des okku-pierten Landes entzogen sind. Die USA handeln mit ihren angeblich unabhängigen "Gastnationen" überall ein Abkommen über den Status ihrer Streitkräfte aus (Status of Forces Agreement = SOFA), darunter sind Länder, deren Rechtssystem in jeder Hinsicht entwickelt ist - und manchmal mehr als unser eigenes (US-System)... Ra-chel Cornwell und Andrew Wells, zwei Autoritäten zum Thema SOFA kommen zu dem Schluss: "Die meisten SOFA’s sind so abgefasst, dass die nationalen Gerichte über amerikanische Militärangehörige, wenn sie Verbrechen an der Bevölkerung begangen haben, nicht urteilen können, es sei denn, die US-Militärbehörden übergeben in bestimmten Fällen die Rechtsprechung an das Gastland" . Da die Militärangehörigen auch von den normalen Pass- und Einwanderungskontrollen befreit sind, hat das Militär die Möglichkeit, einen des Mor-des oder der Vergewaltigung Angeklagten einfach auszufliegen, ehe die örtlichen Behörden ihn anklagen kön-nen - ein Mittel, auf das Kommandeure der Stützpunkte im Pazifik oft zurückgreifen. Nach den Terrorangriffen auf New York und Washington haben die USA Abkommen mit 93 Nationen zugestanden. Für einige der Gast-länder, besonders für solche in der islamischen Welt , sind die Bedingungen so peinlich, dass sie geheim gehal-ten werden." (JPRI-Working Paper Nr. 97 im Januar 2004 im Internet (www.jpri.org)).

Dieses vernichtende Urteil scheint für Deutschland nicht zuzutreffen, weil es hier günstigere Abkommen gibt, doch auch diese haben de facto Gesetzesbrüche bis hin zum Bruch des Völkerrechts nicht verhindert.

Rechtlich ist der Rahmen in Deutschland durch das NATO-Truppenstatut ( SOFA) vom 19. 6. 1951 vorgegeben. Dazu wurden Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut (ZA-NTS) zwischen Deutschland, den USA, Kanada, Großbritannien, Niederlande, Belgien und Frankreich abgeschlossen, modifiziert 1993 und im Bundesgesetz-blatt 1994 Teil II Seite 3718 verkündet. (siehe dazu auch Anhang 4, Abschnitt VI, Seite 3). Durch dieses Ände-rungsabkommen erfolgte eine weitgehende Anpassung an deutsche Rechtsvorschriften. Zwar ist das Bom-bodrom kein US-Militärstützpunkt, jedoch wird es auch von den "verbündeten Streitkräften" benutzt, die sich an die Regeln des ZA-NTS halten müssen. Sowohl bei den US-Militärstützpunkten als auch den deutschen Militär-stützpunkten, die durch die "verbündeten Streitkräfte" mitbenutzt werden, haben jedoch die zivilen Behörden kaum eine Einflussmöglichkeit.

Im Laufe der Jahre hatte sich auf Seiten der Alliierten eine Praxis herausgebildet, im Aus¬land stationierte Trup-penteile ausschließlich für Manöver- und Übungszwecke in die BRD zu transportieren, damit die entspre¬chenden Belastungen die Bevölkerung hier und nicht die des Entsendestaates zu ertra¬gen hätte. Dieser unkon-trollierte "Manöver¬tourismus" soll in Zukunft nicht mehr mög¬lich sein, da im Ausland stationierte Trup¬penteile nur noch mit Zustimmung des BMVg zu Übungszwecken in die BRD ver¬legt werden dürfen.
Mit Inkrafttreten des Änderungsabkommens wird auch das deutsche Bundesleistungsgesetz gelten, das die Schadensersatzan¬sprüche der Bürger gegenüber dem Staat z.B. bei Manöverschäden regelt.

Die Verfahren zur Anmeldung, Koordinie¬rung und Genehmigung von Manövern u.a. Übungen sind durch ein besonderes Ab¬kommen ge¬regelt. Es wurde am 18. März 1994 unterzeichnet. In Zukunft soll es für die deut-schen Beam¬ten einfacher sein, sich Zutritt zu den Lie¬genschaften der Alliierten zu verschaffen. Zuständige deutsche Behörden" sind nicht mehr nur die Bundes-, sondern auch Län¬der- und Kommunalbehörden. In Eilfäl-len oder bei Gefahr im Verzuge soll ihnen auch ohne vorherige Anmeldung sofortiger Zu¬gang zu den Militärare-alen ermöglicht wer¬den. Im Gegenzug hat die deutsche Delega¬tion eine Klausel akzeptiert, die Erfordernis¬se der militärischen Sicherheit (Geheimhal¬tung) immer zu berücksichtigen.

Im Bereich "Liegenschaften" wurden noch neun Verwaltungsabkommen zur neu¬en Fassung des Art. 53 II über die Benut¬zung von Truppenübungsplätzen, Schie߬plätzen und Standortübungseinrichtungen abgeschlossen: je drei mit Großbritannien und den USA, je eines mit Belgien, Frank¬reich und den Niederlanden. In diesen Ab¬kommen sind insbesondere die Schießzei¬ten an die Praxis der Bundeswehr angepasst worden. Zur Wahrneh-mung der deutschen militärischen Interessen wird zukünftig ein Deutscher Militärischer Vertreter (DMV) auf al-len Übungsplätzen eingesetzt. Durchgängig in allen Abkommen soll ein Passus, die neu gewonnene deut¬sche Souveränität sichtbar machen: "Bei Beflaggung wehen die Flaggen beider Nationen nebeneinander."

Hier ist zu fragen, ob sich die "verbündeten Streitkräfte" an das Betriebskonzept der Bundeswehr halten wer-den. Dass dadurch alle Verstöße ungeahndet bleiben werden, ist so üblich. Erinnert sei in diesem Zusammen-hang an den Vorfall in Cavalese (Italien) als durch ein US-Kampfflugzeug die Seile einer Seilbahn durchschnit-ten wurden und 20 Menschen ums Leben kamen. Typischerweise wurde der Fall nicht etwa in Italien verhan-delt, sondern vor einem Militärgericht in den USA. (Nach dem SOFA bleibt ein Rechtsbrecher in der Obhut der USA). Das Militärgericht sprach alle 3 Angeklagten frei. Es sei ihnen keine Schuld nachzuweisen. Das Flugzeug des Typs hätte in diesem Gebiet überhaupt nicht fliegen dürfen; es war 10 km von der für andere Flugzeuge vorgesehenen Route abgewichen, war statt der vorgeschriebenen Höhe von 610m in einer Höhe zwischen 92 und 133m geflogen. Statt der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 830 km/h donnerte es mit 1005 km/h durch das alpine Tal.

Die Erfahrung lehrt, dass "verbündete Streitkräfte", die Militärstützpunkte im Ausland entgegen den Vorschriften benutzen, ungeschoren davonkommen. In diesem Bewusstsein handeln sie und machen damit die Militärstütz-punkte zu einem rechtsfreien Raum.

Noch schlimmer jedoch ist, dass mit der Benutzung der Militärstützpunkte sogar Völkerrecht gebrochen wird. Dazu verweise ich auf Anhang 4. Danach war die Benutzung deutscher Militärstützpunkte für den völkerrechts-widrigen Krieg gegen den Irak völkerrechtswidrig und damit auch nach deutschem Grundgesetz verfassungs-widrig.

Vom Bombodrom aus erfolgen keine Kriegseinsätze, weil es ja "nur" Übungsgebiet ist, das überflogen wird. Je-doch wird hier auch der Einsatz eines Angriffskrieges geübt, wie sich aus den benutzten Waffen ergibt. Damit fällt dieses Üben auch unter die verbotenen Vorbereitung eines Angriffskrieges und ist damit ebenfalls verfas-sungswidrig.

Nie würde die deutsche oder die US-Administration aber den Begriff "Angriffskrieg" benutzen. 1999 hieß er "humnitäre Intervention" und "Verhinderung eines Völkermordes". Den Gipfel der Dialektik und Perfidie erreich-te der deutsche Außenminister Fischer, als er zur Begründung des NATO-Krieges gegen Jugoslawien "Nie wie-der Auschwitz" nannte. Heute ist modern "Beseitigung von Massenvernichtungswaffen", "Kampf gegen den Ter-rorismus" und "Verteidigung am Hindukusch". Man darf sich durch solche Begründungen nicht täuschen lassen, in jedem Fall waren und sind die Kriege ein Verstoß gegen das Gewaltverbot der UN-Charta, kein Bündnisfall, kein Fall der Selbstverteidigung und somit völkerrechtswidrig und verfassungswidrig. Daran ändern auch nach-trägliche UN-Resolutionen nichts.

Grundsätzlich spielt das Völkerrecht und das Verfassungsrecht des jeweiligen Landes bei allen SOFA und Zu-satzabkommen keine Rolle.

Gerade erst hat in der Türkei am 28. 5. 2005 eine Protest- Pressekonferenz und Demonstration stattgefunden, weil die türkische Regierung ein Abkommen mit den USA unterzeichnet hat. Danach dürfen die Vereinigten Staaten und andere Verbündete den Militärstützpunkt Incirlic für "logistische Zwecke" benutzen. Dabei ist der "Transport von militärischen Material und Personal" eingeschlossen. Mit diesem Abkommen verstößt die türki-sche Regierung gegen Artikel 92 seiner Verfassung, der für solchen Fall eine Zustimmung durch das Parlament vorschreibt.

Ein anderes Beispiel ist Japan. Nach dem SOFA muss Japan alle militärischen Handlungen der USA "in dem Gebiet, das Japan umgibt" unterstützen und alle Militärstützpunkte einschließlich der nötigen Infrastruktur zur Verfügung stellen. Das verstößt eindeutig gegen Artikel 9 der japanischen Verfassung, nach dem dem Staat das Recht auf Kriegsführung aberkannt ist und alle Militäreinrichtungen verboten sind.

Ein weiterer Verstoß gegen das Völkerrecht ist die Lagerung und das Training mit Atombomben in Deutschland. Das ist sowohl durch den Atomwaffensperrvertrag (NPT-Vertrag) als auch durch das Gutachten des IGH vom 8. Juli 1996 verboten. Trotzdem gibt es in Büchel und Ramstein US-Atomwaffen. In Ramstein sind sie zwar kürz-lich in die USA zurückverlegt worden, aber nur weil Ramstein gerade ausgebaut wird. Ramstein soll zusätzlich die Aufgaben von Rhine-Main-Airbase übernehmen. Für die Verlagerung gibt Deutschland den USA 200 Millio-nen €.
In Büchel wird im Rahmen der "nuklearen Teilhabe" der Abwurf von US-Atombomben gemeinsam mit der US Air Force geübt. Als Abwurfgebiet dienten bisher Nordhorn und Siegenburg, nun soll auch das Bombodrom Zielgebiet von Atombomben-Atrappen dienen.

So entsteht weltweit ein Netz von rechtsfreien Räumen zur Kriegsführung. Dabei ist das Bombodrom zwar nicht eine der wichtigen Drehscheiben der Kriege wie Rota in Spanien, Incirlic in der Türkei und Ramstein und Spangdahlem in Deutschland, aber es gehört zum gesamten System der weltweiten völkerrechtswidrigen Kriegsführung.

3.2.1 Schäden durch die "verbündeten Streitkräfte"

Seit Jahrzehnten gibt es auf den US-Militärbasen Umweltverschmutzungen: Altöl, Asbest, Lösungsmittel, PCB, Schwermetalle bis zu Verseuchungen mit abgereicherten Uran (siehe oben beim Flugzeug A-10). Siehe dazu: John M. Broder, "US Military Leaves Toxic Trail Overseas" (Los Angeles Times vom 18. 6. 1990) und auch: En-vironmental Quality Division, Directorate of Engeneering and Services, Headquarter US Air Force, Inventory of Contaminated Sites at United States Air Force Overseas Installations, Washington, 12. 4. 1991

4. Die politische Seite

Mittlerweile haben sich gegen das Bombodrom 3 Bürgerinitiativen gegründet:
Die FREIe HEIDe war die erste. Sie organisierte seit 1992 Protestwanderungen im Bundesland Brandenburg, immer am ersten Sonntag des Monats in einem Ort, der am Bombodrom lag. Am 12. Juni 2005 findet nunmehr die 95. Protestwanderung statt. Bei diesen Protestwanderungen wird immer das Bombodrom betreten oder so-gar überquert. Im Sommer finden seit einigen Jahren "Sommeraktionstage" statt, bei denen das Gelände durch ausgedehnte Fahrradtouren erkundet wird.

Traditionell findet immer ein Ostermarsch statt, der fast immer zu den größten Ostermärschen in Deutschland gehört. 2005 nahmen 10.000 Menschen daran teil.

Nach der FREIen HEIDe gründeten sich weitere Bürgerbewegungen:

Die Unternehmervereinigung für eine gesunde Wirtschaftsentwicklung e.V. PRO HEIDE wurde von Unterneh-mern gegründet, die erkannten, dass die Pläne des deutschen Bundesverteidigungsministeriums Arbeitsplätze kosten würde, statt welche zu bringen.

Dann gründete sich noch die Initiative FREIER HIMMEL im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern. Mecklen-burg-Vorpommern hatte zwar kein Land im betroffenen Gebiet, aber ihr Luftraum war betroffen, insbesondere die Gemeinde Lärz.

Diese Bürgerinitiativen erreichten nach jahrelanger Arbeit, dass nun 3 Landesregierungen in Deutschland sich gegen das Bombodrom ausgesprochen haben: Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Darüber hinaus haben sich 260 Bürgermeister dieser Länder gegen das Bombodrom ausgesprochen.

Im Juni 2005 sollte ein parteiübergreifender Gruppenantrag (siehe Anhang 2) zur zivilen Nutzung in den Bun-destag eingebracht werden. Das wurde aus Termingründen (Neuwahlen) verschoben.

Die Anweisung des Verteidigungsministers Struck zur Inbetriebnahme des Bombodrom im Sommer 2003 konn-te nicht durchgesetzt werden. Aber auch wenn das trotz des Widerstandes geschehen sollte, haben sich die Bürgerinitiativen entschlossen, ihren Widerstand fortzusetzen. An allen 200 Tagen der vorgesehen Nutzung wollen sie den Platz besetzen. An der Aktion "Bomben nein - wir gehen rein" haben sich genügend Bürger dazu verpflichtet. Ziel der Aktion ist es, dass 200 Organisationen für jeden Tag eine Patenschaft übernehmen.

Für das Bombodrom scheinen in Deutschland nur noch der verteidigungspolitische Ausschuss des Bundesta-ges, der Verteidigungsminister und wenige Bundestagsabgeordnete zu sein.

5. Untersuchungsaufträge für Parlamentarier

Bemerkenswert ist, dass sich die Haltung der SPD-Spitzenpolitiker Scharping und Struck total gewandelt ha-ben. 1994 erklärte Scharping bei einer Wahlkampftour in das Gebiet des Bombodrom, dass das Gebiet nur noch zivil genutzt werden sollte, wenn die SPD an die Regierung kommt. Als sie 1994 an die Regierung kam und er auch noch Verteidigungsminister wurde, wollte er von diesem Versprechen nichts mehr wissen und trieb die militärische Nutzung voran. Ebenso der jetzige Verteidigungsminister Struck. Auch er hatte sich vor seiner Amtsübernahme öffentlich gegen das Bombodrom ausgesprochen.

Es wäre interessant, einmal wissenschaftlich zu untersuchen, wie es zu diesem Meinungsumschwung kam. Ist es nur mangelnde Zivilcourage? Wer hat da Druck ausgeübt? Verfallen Politiker, sobald sie ein Regierungsamt übernehmen in einen Machtwahn? Neigen sie dann dazu, die ihnen verliehene Macht mit allen, auch mit militä-rischen Mitteln durchzusetzen? Oder gab es Informationen (Geheimabkommen), die sie vorher nicht hatten, die ihren Meinungsumschwung bewirkten?
Bekannt ist ja, dass es geheime NATO-Trupps gegeben hat (siehe: Daniele Ganser: "Nato's Secret Armies, Operation Gladio and Terrorism in Western Europe", Frank Cass, London/New York, 315 Seiten, 43,46 $).
Fühlen sich Politiker, denen man die Geheimabkommen des Staates bei der Amtsübernahme eröffnet, so wich-tig, dass sie dann ihre vorigen friedlicheren Überzeugungen aufgeben?

Wie ist es möglich, dass Regierungen Abkommen abschließen, die gegen das Völkerrecht und gegen die jewei-ligen nationalen Verfassungen verstoßen? Hier sind dringend parlamentarische Anfragen nötig. Auch wäre zu untersuchen, wie man erreichen kann, dass sich solche Politiker vor den Internationalen Strafgerichtshof ver-antworten müssen.

Nicht weiter hinnehmbar ist auch die Nutzung deutscher Militärstützpunkte für die Lagerung und das Training mit Atombomben. Das ist sowohl durch den Atomwaffensperrvertrag (NPT-Vertrag) als auch durch das Gutach-ten des IGH vom 8. Juli 1996 verboten.

In einer Demokratie darf es keine Geheimabkommen und völkerrechtswidrigen Handlungen geben. Es ist gera-de die Aufgabe der Parlamentarier die größtmögliche Transparenz und die Einhaltung des Völkerrechts zu for-dern; die Nutzungskonzepte aller Militärstützpunkte müssen offen gelegt werden. Nur dann kann auch überprüft werden, ob die Nutzung verfassungsgemäß ist. Zwar gibt es dann noch lange keinen Frieden, aber die Abschaf-fung von fremden Atomwaffen, von Geheimarmeen und die Verhinderung einer völkerrechtswidrigen Nutzung von fremden Gebieten wären zumindest ein Schritt in eine friedlichere Welt.

Anhang 1: Betriebskonzept des Bombodroms:
http://militarybases.twoday.net/stories/761370/

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